Kommunale Kassen leer

Der Ausschuss für Tourismus und Kultur eines beliebten Ostseebades in Schleswig-Holstein hat heute beschlossen, der Gemeindevertretung vorzuschlagen, die Satzung zur Kurtaxe zum 1.1.2011 zu ändern. Kinder zwischen 6 und 18 Jahren (sind bisher kostenlos) sollen dann in der „Hauptsaison“ vom 1.6. bis 31.8. (?) einen Euro pro Tag zahlen. Damit möchte man vor allem die Gäste der Jugendherberge und des Zeltlagers an den Kosten des Ortes beteiligen.

Öffentliche Diskussion notwendig

Zuschauer dürfen an Sitzungen teilnehmen, Fragen aber nur in der Einwohnerfragestunde stellen. Dort habe ich sicherlich im Zweifel auch kein Wort, weil ich kein Einwohner dieser Gemeinde bin. Also kommunizieren wir hier. Auch wenn ich schon mal gebeten wurde, mich damit zurückzuhalten, um dem Image des Ortes nicht zu schaden. Aber irgendwie kann ich nicht. Der Name des Ortes muss ja nicht genannt werden. Kommunikaton ist übrigens zweiseitig und bedeutet für mich, dass ich mich gerne in meinen Gedanken und Meinungen korrigieren und inspirieren lasse. Aber bitte nur öffentlich hier in diesem Blog und nicht anonym.

Wen belastet die Kurtaxe?

Worüber nicht gesprochen wird, ist eine der Hauptzielgruppen „Familien mit Kindern“, deren Beitrag von 5,40 EURO auf 6,40 EURO steigt. Das entspricht einer Preissteigerung von ungefähr 18,5%. Das gilt natürlich nur in den Schulferien, weil Kinder zwischen 6 und 18 in Deutschland in der Regel zur Schule gehen. In die Zeit fallen die Pfingstferien und Sommerferien. Je nach Wohnung kann der Preis für die Ostseecard leicht einen Aufschlag von 10 bis 15% auf den Tagespreis bedeuten. Das dem Gast bei der Anreise diesen obligatorischen Aufschlag zu verkaufen ist bis zu einem bestimmten Prozentsatz machbar. Es stehen dem ja auch zumindest umlagefinanzierte Leistungen entgegen. Aber sicherlich kann das nicht jeder Vermieter. Vielleicht ist das auch der Grund, warum die sogenannte Kurtaxehrlichkeit unter den Vermietern der grösste Kostenfaktor in dem Geschäft ist. Wenn die Preiserhöhung beschlossen werden sollte, wird das sicherlich in Zukunft nicht besser.

Immerhin hat sich einer der anwesenden leitenden Gemeindevertreter bei der Abstimmung enthalten. Ich sehe das als positives Zeichen.

Strandkorbvermieter in die Pflicht nehmen

Trotzdem fällt mir bei der Durchsicht der Kurabgabesatzung der Gemeinde auf, dass die Tagesgäste die Kurabgabe zwar beim Strandkorbvermieter bezahlen müssen (§8), diese aber im Gegensatz zu den Vermietern nicht zum Einzug der Kurabgabe oder Kontrolle der Ostseecard verpflichtet sind (§10). Da ich auch Gäste im Nachbarort ohne Ostseecard habe, weiss ich, dass die Strandkorbvermieter in aller Regel auch überhaupt nicht interessiert, ob ein Gast eine Ostseecard hat oder nicht. Muss das eigentlich so sein?

Ich verstehe, dass ein heruntergewirtschafteter Ort irgendwoher Geld bekommen muss.

Kosten sparen geht nicht?

Aber das Thema Kosten sparen wird nur kurz am Rande gestreift und dann als nicht möglich zu den Akten gelegt. Die Kurverwaltung betreibt eine defizitäre Zimmervermittlung. Diese arbeitet mit Provisionssätzen, die bei etwa 2/3 bis 3/4 der im Ort ansässigen privaten Vermittlungsunternehmen liegen. Wen wundert da ein Defizit? Warum steht die Zimmervermittlung nicht auf dem Prüfstand sondern darf sogar mit einer Art crowding-out die Privatwirtschaft behindern?

Wenn schon solche offensichtlichen Verlustbringer nicht beseitigt werden, welche anderen fragwürdigen Kostenfaktoren leistet sich die Gemeinde noch?

Das Aufstellen eines Parkscheinautomaten auf einem Parkplatz vor dem Deich direkt am Strand wird diskutiert aber nicht gemacht, weil ein anliegender Gewerbetreibender dagegen sein könnte. Da fällt mir auch wenig zu ein. Zumindest das wurde von den ansonsten eher zum Abnicken neigenden Ausschussmitgliedern diskutiert.

Vermieter, die ihre Gäste zur Kurverwaltung schicken, weil sie keine Lust haben, sich um die Kurabgabe zu kümmern, scheinen keine Rechnung für die entstehenden Prozesskosten zu erhalten. Da kann ich mich auch täuschen, aber irgendwie klang das so raus und kann eigentlich auch nicht sein.

Warum zahlen eigentlich Hunde keine Kurtaxe? Schließlich gehören sie in der Regel auch zur Familie.

Immerhin wird von gemeindeeigenen Controller nach der Sitzung anhand der Istzahlen der letzten Jahre prognostiziert, ob die Preiserhöhung in Verbindung mit der Änderung des Zeitraums insgesamt überhaupt einen positiven Effekt haben könnte. Das ist ein Lichtblick. Der Vorschlag wurde aber ohne diese Berechnung gemacht, was irgendwie zeigt, dass hier ab und zu mit ziemlich heißer Nadel gestrickt zu werden scheint. Ist da vielleicht auch ein Zusammenhang mit der Lage des Haushalts dieser sympatischen Gemeinde zu sehen?

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