Offline Kommuniktion

Manchmal kann man einen Nutzen gut über die Konfrontation mit den Schwächen des Gegenteils verstehen. In unserem beliebten gallischen Dorf an der Ostsee war neulich auf der Bühne der Dorfoberen ein herrliches Kabarett zu sehen. Besonders interessant zu beobachten war die in einigen Punkten recht kreisförmige Diskussion. Verdeutlicht hat diese Vorführung von Offline-Kommunikation die Vorteile der Online-Kommunikation

Eine langweilige rund 4%-ige Preiserhöhung für die Ostseecard in der Hauptsaison wurde schnell abgenickt. Es leuchtet natürlich auch jedem ein, dass frisches Geld her muss, wenn die Gemeindekasse alle ist. Denn Kosteneinsparungen sind natürlich nicht möglich. Immerhin ist die Idee der Kurtaxe für Kinder nach einer Kosten-Nutzen-Analyse (!) wieder vom Tisch gefegt. Lobenswert, dass das auf diesem Weg vom internen Controlling geklärt wurde. Die Diskussion, also den Austausch der Argumente und das konkrete Ergebnis oder die Methode der Analyse kann man leider nicht verfolgen, weil die Diskussion darüber Offline stattfand. Aber vielleicht getreu nach dem Motto „Kurtaxe rauf Einnahmen runter“ wurde die Abgabenerhöhung letztlich beschlossen.

Die anderen Punkte waren teilweise wichtig, aber die Diskussion recht unspektakulär. Interessant wurde es wieder als es um das anscheinend persönliche Anliegen eines Gemeindevertreters A ging. A ist ein aufgeschlossener Mensch, der auch der Kultur nicht abgeneigt ist, wie er in zahlreichen Kolumnen eines Szenemagazins bereits eindrucksvoll dargestellt hat. Der Nachbar B dieses Gewerbetreibenden betreibt ein Restaurant mit Terrasse. Dieser Gastronom macht die Musik nach Darstellung von A so laut, dass die Kunden des A in den gemieteten Strandmöbeln Ohrenschmerzen bekommen. Da die Gesetze und Verordnungen dieses Landes aus Sicht des A nicht ausreichen, regt er an, in die Strandsatzung reinzuschreiben, dass auf den Terrassen der Restaurants keine Musik mehr angemacht werden darf. Bis jetzt ist es noch alles sehr sachlich. Jetzt wird es aber aus Sicht der Kommunikationsanalyse interessant, denn es beginnt eine Debatte zwischen A und dem anwesenden Amtmann C. Darin ging es um Gespräche, die A mit der übergeordneten Behörde des C geführt haben möchte. Anlass dieser Gespräche war, dass C in einem Gespräch mit A schon gesagt hatte, dass es bereits Regelungen über die Musiklautstärke auf Restaurant-Terrassen gebe und die von A angeregte Erweiterung der Strandsatzung somit überflüssig sei. C fand wohl doof, dass A ihm von seinem Anruf bei der Kreisverwaltung nichts gesagt habe. A erwiderte daraufhin, dass er die Behörde gebeten habe, C über das geführte Gespräch zu informieren. Wenn die das nicht machen, könne er auch nichts dafür.

Mir ist durch diese ständigen Drehungen im Dialog schwindelig geworden und ich musste das Theater vorzeitig verlassen. Wie mir andere Gäste später mitteilten, haben sich die beiden Akteure bei dieser gekonnt improvisierten Szene offensichtlich so in Rage gespielt, dass ein Eingreifen des Regisseurs notwendig war, um den Zeitplan der Vorstellung einzuhalten.

Online-Kommunikation deutlich im Vorteil

Wenn die gleiche Szene oder zumindest die Vorbereitung dieser Realsatire über Mailinglisten oder Diskussionsforen ausgetragen worden wäre, hätte sie vermutlich so in der Form nicht stattgefunden. Wenn aber doch, dass wäre dieses ganze Blah-Blah zumindest nachzulesen gewesen und keiner hätte dem anderen kommunikative Versäumnisse vorwerfen können. Ein deutlicher Nachteil wäre, dass mit der erhöhten Transparenz bei politischen Auseinandersetzungen ein Stück Lebensqualität für die Zuschauer der Gemeinderatsversammlungen verloren ginge. Dem Ort ginge ein wichtiges kulturelles Angebot flöten. Live vorgeführtes Kabarett ist eben doch etwas anderes als das Verfolgen von Online-Debatten.

Diese Art politisches Kabarett gibt es vermutlich in allen kleineren Orten der Republik. Der Eintritt ist in der Regel kostenlos, Getränke gibt es zum günstigen Preis. Die aktuellen Termine für das Ostseeferienland gibt es täglich aktualisiert auf www.groemitz.eu. Es lohnen auch längere Anreisen. Die Kurverwaltung soll schon entsprechende Pauschalpakete in Vorbereitung haben: drei Übernachtungen in einer Pension mit Frühstück, Besuch von zwei Vorstellungen inklusive Transfer und Getränken sowie die Ostseecard. Mit der Ostseecard gibt es weitere Vergünstigungen vor Ort.

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